Von Engeln und Teufeln...

Diesmal war ich zu Besuch in der ehemaligen Landesirrenanstalt Tp , die gleichzeitig auch als russisches Militärkrankenhaus diente. Auf den ersten Blick ein ruhiger wunderschöner Ort mit verlassenen Gebäuden. Wenn man die Geschichte dieses Ortes kennt fragt man sich wie der Besitzer überhaupt auf die Idee kommt das dieses Gelände jemals gekauft wird. Ein Gedenkstein wäre angebracht , aber diesen findet man hier nirgends.

Beim Betreten dieses Ortes schwirrten mir Sachen wie Euthanasie , Mfs (Ministerium für Staatssicherheit ) , Folter und Iwan der Schreckliche durch den Kopf.

Ein Ort im Dornröschenschlaf der ein dunkles Geheimnis hütet...

Die Landesirrenanstalt wurde zwischen 1905 bis 1908 erbaut und sollte Platz für rund 1600 Patienten bieten. Der Standort erhielt den Zuschlag aufgrund seiner gesundheitsfördernden Lage umgeben von Wald , wunderschöner Natur und einem kleinen See . Der Bauheer entwarf die Psychatrie im reinen Pavillonstil . Damit wurden für weitere Einrichtungen dieser und ähnlicher Art Maßstäbe  gesetzt.

Es war eine kleine Stadt für sich , in der sich die Kranken frei bewegen durften . Heraus aus dem Gelände durften sie nicht. Wenn auch damals schon die Behandlung in der Psychiatrie mit vielen fragewürdigen Massnahmen und Therapien durchgeführt wurde sollten das noch die schönsten Zeiten sein die dieses Gelände sehen sollte.

Anfang der 40er Jahre beginnt das erste dunkle Kapitel.  Die Einrichtung wurde der Tötungsanstalt B untergeordnet, hier hat das NS-Regime das Euthanasie Programm T4 durchgeführt. In diesem Programm wurden: geistig & körperlich Behinderte, Geisteskranke oder Asoziale Personen als unwertes Leben definiert und deren Vernichtung vorgesehen. Allein in Tp wurden dadurch mehr als 1.500 Leben ausgelöscht.

Bei Kriegsende wurde das Gelände durch die russische Armee übernommen und zuerst als reines Militärkrankenhaus genutzt . Nicht lange jedoch sollte es dauern und der MfS in der Psychiatrie Tp , leitet das zweite dunkle Kapitel ein.

Die Aufmerksamkeit des MfS galt vielen unterschiedlichen öffentlichen medizinischen Einrichtungen, aber besonders konzentrierte sich das MfS auf Psychiatrien. Der Staatssicherheit waren hier durch die „Operative Medizin“ neue Hebel gegeben um die spezifischen politischen Probleme unter Anwendung von Hypnose und Suggestologie zu lösen. Der Missbrauch der Medizin für die Zwecke des Ministeriums für Staatssicherheit wurde durch die Gründung der Abteilung 10 des ZMD unbemerkbar möglich.
Die Abteilung wurde zum Jahresbeginn 1975 geschaffen. Das Medizinische Personal dieser Abteilung war auf den Gebieten der „Operativen Medizin“ und der „Operativen Psychologie“ tätig. Zu den Aufgaben dieser Abteilung gehörte das Hineinwirken in das Staatliche Gesundheitswesen, wie in Krankenhäuser, Polikliniken und wissenschaftliche Einrichtungen unter Nutzung von Spezialisten (wie z.B. Fachärzte) zur Bewältigung von „Operativ-medizinischen und operativ-psychologischen“ Aufgaben. Die Einbindung in dieser Abteilung und somit zum MfS wurde gründlich vertuscht und sollte niemals bekannt werden. Das MfS hatte eine enge Zusammenarbeit mit dem Chefarzt aus der Landesirrenanstallt Tp gepflegt, so konnte diese für ihre Zwecke mit Hilfe der „operativen Medizin“ nutzen. Für die geleistete Arbeit der Spezialisten sind zusätzliche finanzielle und materielle Zuwendungen geflossen. Für diese inoffiziellen Fachärzte des MfS gab es regelmäßige Zusammenkünfte.
Die Staatssicherheit hatte große Personalprobleme, da die Kadergewinnung äußerst schwierig war und das Interesse in den langjährigen Dienst der bewaffneten Organen anzutreten stark zurückging und dann auch noch unter den Interessierten viele durch die Kaderpolitische Prüfung gefallen sind. Suchte das MfS Händeringen nach neuen Personal. Das MfS hat zielgerichtet nach familiengelösten Kinder und Jugendliche gesucht und zur Kadergewinnung auf Basis der Freiwilligkeit angeworben. Dadurch konnten die Heranwachsende isoliert und kaserniert erzogen, beeinflusst und gedrillt werden. Das MfS sorgte sich anschließend um eine Berufsausbildung. In der Psychiatrie Tp wurden unter anderem auch Eliteeinheiten ausgebildet. Der ZMD gab Offizieren 1985 Ratschläge wie mit Menschen, deren Persönlichkeitsentwicklung noch im Fluss ist umzugehen ist. Sie arbeiten mit Schülern, Lehrlinge oder Jungfacharbeitern, diese verlangen eine besondere Sorgfalt, weil viele haben von ihnen nicht die nötige Reife, können keine Verantwortung für andere tragen und können keine persönlichen unangenehmen Dinge ertragen, dass müssen sie aber können, wenn sie im vollen Umfang unsere Mitarbeiter werden.
Folterungen und Misshandlungen standen in Tp an der Tagesordnung. Patienten wurden je nach Laune des Pflegepersonals geschlagen und zur Bestrafung wochenlang in einer Zelle gesperrt oder nur mit Schleimkost (3x täglich in Wasser geschleimte Haferflocken) versorgt um ihren Willen zu brechen. Zeigte die Schleimkost keine Wirkung wurden den Patienten täglich bis zu 6x Spritzen über Wochen verabreicht, um ihn zu einem willenlos Wrack zu machen. Medizinische Mittel, Methoden und Möglichkeiten die das MfS anwendetet hat, waren zahlreich, unter anderem befand sich auch der sogenannte "Luftkopf". Zum Nachweis angeblicher Hirnatrophie und für weitere Therapie mittels Elektroschockbehandlung (ohne  Narkose). Um die "Luftköpfe " herzustellen, musste man dem Probanden im Sitzen im Rückenbereich mit einer langen Nadel den Rückenmarkskanal punktieren und dann mit einer Spritze Luft verabreichen. Die Luft gelangte so in die Liquorräume des Gehirns. Dem Patienten bereitete das  schon erhebliche Schmerzen. Anschließend wurden Röntgen-Aufnahmen gemacht, die "Aussagen" über die Hirnmasse und deren Funktionstüchtigkeit machten und die eine Elektroschocktherapie ermöglichten. Ohne Narkose bereitete es den Patienten extreme Schmerzen und erzeugte epileptische Anfälle, die das Opfer nur durch die einsetzende Bewusstlosigkeit, für längere Zeit erlöste.
Als ein Arzt der Einrichtung, eine Anzeige gegen den Chefarzt, wegen seiner brutalen Vorgehensweise gestellt hatte wurde er selber in der Klinik  eingewiesen, wegen angeblichen Wahnvorstellungen. Nach geltendem DDR-Recht war der Chefarzt, der unter den Patienten „Iwan der Schreckliche“ genannt wurde, ein Straftäter. Das Handeln hatte aber keine Konsequenzen, da man eine enge Zusammenarbeit mit dem MfS pflegte. Die Behörden kannten die Zustände der Anstalt, aber anstatt in zu bestrafen, belohnten sie noch seine brutalen Misshandlungen mit dem Titel „Verdienter Arzt des Volkes“.

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